Ost-Fanprojekte zu Gast im Bundestag – Forderung nach Zeugnisverweigerungsrecht erneuert

Ost-Fanprojekte zu Gast im Bundestag – Forderung nach Zeugnisverweigerungsrecht erneuert

Am 16.11.2023 besuchte der Regionalverbund Ost der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte den Bundestag und führte Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten Tino Sorge (CDU) und Boris Mijatovic (B90/G). Im Fokus stand das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit und insbesondere der Jugend- und Jugendsozialarbeit mit Fußballfans.

Wir bedanken uns für die sehr guten Gespräche und die Gastfreundschaft und freuen uns auf den kommenden Austausch.

Der Besuch im Bundestag fand im Anschluss an die turnusmäßige Sitzung am Vortag des Verbundes im Fanprojekt Babelsberg statt.

§ 53 StPO reformieren – Vertrauensverhältnisse der Sozialen Arbeit schützen!

§ 53 StPO reformieren – Vertrauensverhältnisse der Sozialen Arbeit schützen!

Das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit (BfZ) vermisst Aussagen im vorgelegten Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien zur Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter*innen und mahnt dringend eine Überprüfung des seit beinahe 50 Jahren bestehenden Bundesverfassungsgerichtsurteils an. Die notwendigen und von allen künftigen Regierungsparteien als sinnvoll erachteten Diskussionsprozesse müssen nun innerhalb der neuen Regierung eingeleitet werden.

„Die Beratung und Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen erfordert ein Höchstmaß an Vertrauen. Das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter*innen verhindert regelmäßig die Thematisierung sensibler Erfahrungen von Klient*innen einerseits und erschüttert im Extremfall die bestehende professionelle Beziehung nachhaltig“, so Matthias Stein, Sprecher des BfZ. Dies ist nicht nur in Handlungsfeldern relevant, in denen Adressat*innen vermehrt dem Verdacht ausgesetzt sind, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu begehen. Auch Soziale Arbeit mit Betroffenen von Gewalt und mit Menschen, die sich durch Skepsis gegenüber staatlichen Akteur*innen auszeichnen kann regelmäßig nicht ihre volle Wirksamkeit entfalten, da das vertrauliche Wort im Beratungsprozess nicht vollumfänglich geschützt ist.

Im Vorfeld der Bundestagswahl erfragte das BfZ die Positionen der demokratischen Parteien im Bundestag zum Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit. SPD, die GRÜNEN und die FDP betonten die Bedeutsamkeit und Besonderheit des Vertrauensverhältnisses zwischen Sozialarbeiter*innen und Adressat*innen als schützenswertes und notwendiges Gut. Während die GRÜNEN die Reform des § 53 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger) durch die Aufnahme von Sozialarbeiter*innen in den Kreis der geschützten Berufsgruppen befürworten, erachten die SPD und die FDP eine Abwägung mit den Aufgaben der Wahrheitsermittlung im Strafprozess zuvor als notwendig. „Wir fordern die neue Regierung nun auf, diesen Diskussionsprozess tatsächlich auch in den entsprechenden Arbeitsgruppen zu führen,“ so Matthias Stein. „Die Profession der Sozialen Arbeit hat sich in den letzten 50 Jahren enorm gewandelt und ist in ihren Aufgaben und Tätigkeiten nicht mehr zu vergleichen mit der Zeit, als das Bundesverfassungsgericht in 1972 über die Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter*innen befand,“ ergänzt Michael Leinenbach, ebenfalls Sprecher des BfZ.

Hintergrund:

Praktiker*innen und Berufsverbände sehen seit Jahrzehnten die Notwendigkeit der Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter*innen. Dessen Fehlen erweist sich insbesondere in jenen Arbeitsfeldern als besonders problematisch, in denen die Adressat*innen vermehrt dem Verdacht ausgesetzt sind, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu begehen. Probleme gibt es auch in Arbeitszusammenhängen, in denen Sozialarbeiter*innen regelmäßig im Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden stehen. Schon in Kommentierungen zum SGB VIII wird unterstrichen, dass das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht ein Rudiment aus Zeiten sei, „in der das Jugendamt noch als ‚Helfer des Gerichts‘ angesehen wurde“. Ein aktuelles Rechtsgutachten unterstreicht die Dringlichkeit des Anliegens.

Vor dem Hintergrund einer immer schwieriger werdenden Lage im Arbeitsfeld wurde bereits 2014 eine Arbeitsgruppe mit Praktiker*innen aus dem Feld der Fanprojektarbeit ins Leben gerufen, die um Vertreter*innen aus der Wissenschaft, der Trägerlandschaft sowie Praktiker*innen aus angrenzenden Bereichen der aufsuchenden Arbeit bzw. der Arbeit mit sogenannter schwieriger bzw. gefährdeter Klientel erweitert wurde und mit der analytischen Betrachtung des praktischen, berufspolitischen und juristischen Umfelds der Fanprojekte und im Weiteren auch der Sozialen Arbeit mit auffälligen Jugendkulturen begann.

Das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit wurde 2020 arbeitsfeldübergreifend von verschiedenen Bundesverbänden in Frankfurt gegründet.
Weitere Informationen: www.zeugnis-verweigern.de

Resolution: Für ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit!

Resolution: Für ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit!

Auf dem gemeinsam von der Koordinationsstelle Fanprojekte bei der dsj (KOS), dem Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH), der BAG Streetwork/Mobile Jugendarbeit und der BAG Fanprojekte durchgeführten Fachtag „Fast im Knast. Zur Notwendigkeit eines Zeugnisverweigerungsrechts in der Sozialen Arbeit“ am 24.10.2018 in Frankfurt wurde einstimmig eine Resolution verabschiedet, die ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit fordert.

Bundesweit nimmt die Zahl an Vorladungen von Fachkräften sozialpädagogischer Einrichtungen zu und bringt diese in schwierige rechtliche und fachliche Konflikte. Dies betrifft auch das Fanprojekt Dresden. Abhilfe kann hier nur ein Zeugnisverweigerungsrecht schaffen.

Wir arbeiten seit über vier Jahren mit vielen anderen Fachkräften aus verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit, der Wissenschaft und aus dem Rechtswesen an dieser Thematik mit dem Ziel, hier eine dringend notwendige Gesetzesänderung zu erreichen. Ein kleiner Schritt auf dieser langen Reise ist die Resolution, die wir an dieser Stelle gern mit verbreiten möchten:

Tagung zu Rechtsfragen und Umgang mit polizeilichen Maßnahmen

Tagung zu Rechtsfragen und Umgang mit polizeilichen Maßnahmen

Zum Fachtag „Alles was Recht ist! Rechtsauslegungen im Arbeitsfeld und deren Auswirkungen auf die Praxis“ vom Landesarbeitskreis Mobile Jugendarbeit Sachsen kamen am Donnerstag Fachkräfte aus dem Bereich der Mobilen Jugendarbeit/Streetwork in Dresden zusammen, um in verschiedenen Rechtsfragen mit der Leipziger Strafrechtsanwältin Doreen Blasig-Vonderlin in Austausch zu treten. Das Fanprojekt wurde von Christian Kabs und Ronald Bec‘ vertreten.

Nicht nur für das Fanprojekt ist der Umgang z.B. mit polizeilichen Kontrollen von jungen Menschen oder den Fachkräften selbst „täglich Brot“. Neben der anwaltlichen „Auffrischung“ über Rechte und Pflichten im Rahmen solcher Maßnahmen wurde der Schwerpunkt des Fachtages auch auf den konkreten Erfahrungsaustausch zwischen den teilnehmenden Streetwork-Projekten gelegt. Auch in Dresden kommen junge Menschen in ihren Stadtteilen immer wieder mit der Polizei und dem Ordnungsamt in Kontakt, sodass SozialarbeiterInnen in der Unterstützung ihrer AdressatInnen auf ein verlässliches Rechtswissen zugreifen können müssen.

Themen wie die im Strafgesetzbuch geregelte Verletzung von Privatgeheimnissen, also die sogenannte Schweigepflicht für Fachkräfte der Sozialen Arbeit, aber auch das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht und Möglichkeiten der Jugendrechtsberatung mit anwaltlicher Unterstützung wurden ausführlich debattiert.

Zum Abschluss des Fachtages wurden Möglichkeiten erarbeitet, wie insbesondere gegenüber der Polizei noch deutlicher der eigene Arbeitsauftrag dargestellt werden kann, der insbesondere auf die Unterstützung von jungen Menschen abzielt und nicht in erster Linie auf Normierung und Kontrolle.

Fanprojekt plant das Jahr 2018

Fanprojekt plant das Jahr 2018

Geschäftsführer Torsten Rudolph

Traditionell finden sich MitarbeiterInnen und der ehrenamtliche Vorstand des Fanprojekts jedes Jahr in der Schließzeit im Januar zur Klausurtagung zusammen, um die nächsten zwölf Monate zu planen. In drei arbeitsintensiven Tagen wurden die Schwerpunkte des vergangenen Jahres analysiert, aber auch konkrete Arbeitsschritte für 2018 formuliert.

Neben den Stadionverboten und der Dienstaufsichtsbeschwerde vom bald zwei Jahre zurückliegenden Spiel in Magdeburg standen in den vergangenen Monaten vor allem die unterschiedlichen Folgen des Karlsruhe-Spiels im Fokus der Arbeit des Fanprojekts. Abgesehen von der Auswertung, der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem „Fanmarsch“, aber auch dem folglich entstandenen Dialog zwischen Fanszene- und Verbandsvertretern war das einschneidenste Erlebnis des vergangenen Jahres die Durchsuchung von 35 Wohn- und Geschäftsräumen in Folge des Spiels. Zudem war und ist die Nachbereitung des DFB-Pokalspiels in Freiburg noch nicht vollständig abgeschlossen (zur Auswertung ⇒).

Im Jahr 2018 wird neben der „alltäglichen“ Arbeit und der Feier zum 15. Geburtstag des Fanprojekts am 26. Mai (vormerken!) vor allem die schärfere Profilierung der sozialpädagogischen Arbeit in der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber Netzwerkpartnern im Fokus stehen. Darüber hinaus wird sich das Fanprojekt Dresden auch weiterhin auf verschiedenen Ebenen für eine Etablierung eines Zeugnisverweigerungsrechts für SozialarbeiterInnen in den Bereichen Streetwork, Opferberatung, Interventions- sowie De-Radikalisierungsangebote u.ä. einsetzen.

Ost-Fanprojekte tagen in Leipzig

Ost-Fanprojekte tagen in Leipzig

 ©Outlaw gGmbH/Fanprojekt Leipzig

©Outlaw gGmbH/Fanprojekt Leipzig

Vom 16. bis zum 18.08 tagten die Ost-Fanprojekte im altehrwürdigen Bruno-Plache-Stadion in Leipzig. Die sozialpädagogischen Fanprojekte organisieren sich deutschlandweit in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG). Diese unterteilt sich in den Ost-, Süd, West- und Nord-Verbund.

Für das Fanprojekt Dresden nahmen Christian und Ronald an der Tagung teil. Gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der 14 weiteren anwesenden Fanprojekte setzten sie sich in unterschiedlichen Workshops mit pädagogischen Fragestellungen und aktuellen Themen intensiv auseinander. Methodisch offen wurden zusätzlich die Themenkomplexe Verhältnis zur Polizei, Zeugnisverweigerungsrecht für Fanprojekt-MitarbeiterInnen, Wissensmanagement in der BAG Ost und kollegiale Fallberatung bearbeitet.

Wir danken dem Fanprojekt Leipzig für die außerordentlich gute Organisation der Tagung.